Behauptung
Temperaturdaten aus den USA würden die globale Erwärmung in dem Land seit 2012 widerlegen.
Einordnung
Widerlegt eine Grafik die globale Erwärmung in den USA? Nein, denn sie wurde mit einer falschen Trendlinie versehen und ist nur bedingt aussagekräftig. Der langfristige Trend geht nach oben.
Faktensammlung
„Frisch von der NOAA“, heißt es zu einer Grafik in dem X-Post, der die globale Erwärmung in den USA anzweifelt. In der Grafik sind die Temperaturen in den USA von 2012 bis 2025 dargestellt, jeweils für die Monate Juni bis Mai. Eine dicke rote Linie soll zeigen, dass die Temperaturen in diesem Zeitraum gesunken seien. Die NOAA, von der die Daten stammen, ist die Nationale Ozean- und Atmosphärenbehörde des Landes und tatsächlich erhebt sie unter anderem Wetter- und Klimadaten. Das Logo auf der im X-Post geteilten Statistik entspricht der offiziellen Darstellung der NOAA. Warum die Grafik nicht belegt, dass die Temperaturen in den USA gesunken sind und warum es sich stattdessen um geschickte Manipulation handelt, erklären wir im Folgenden.
Die als Beleg angeführte Statistik lässt sich auf der Webseite der NOAA nachvollziehen. Die Behörde bietet ein frei zugängliches Tool an, um Grafiken aus ihren Datensätzen zu generieren. Die Abbildung auf X zeigt den Verlauf der durchschnittlichen Monatstemperatur von Juni bis Mai in den USA für den Zeitraum von 2012 bis 2025 an. Darin steckt bereits eine erste Manipulation, weil nicht die Durchschnittstemperatur der gesamten Jahre, also von Januar bis Dezember, verglichen wurde. Die zweite Manipulation ist die dicke rote Trendlinie. Sie ist abfallend und suggeriert sinkende Temperaturen, doch sie ist willkürlich gesetzt. Über das Tool auf der NOAA-Website lässt sich eine korrekt berechnete Trendlinie einfügen – sie erscheint anders als in dem X-Post nicht gefettet in rot, sondern als dünne blaue Linie. Für die Temperaturdaten in dem besagten Zeitraum illustriert die Linie einen Aufwärtstrend. Sie belegt statt widerlegt die globale Erwärmung in den USA – und entlarvt die Grafik auf X als Manipulation. In der Collage (erster Link) sind die manipulierte Grafik und die Originalgrafik der NOAA gegenübergestellt.
Eine dritte Manipulation besteht in dem Zeitraum, der für die Grafik auf X gewählt wurde. Um die globale Erwärmung zu ermitteln, nehmen Forschende in der Regel längere Zeiträume in den Blick als in dem X-Post. Der Deutsche Wetterdienst verweist auf Empfehlungen der Weltorganisation für Meteorologie (WMO): Zur Erfassung des Klimas und seiner Änderungen sei es üblich „einen Zeitraum von 30 Jahren zu verwenden, um den Einfluss der natürlichen Variabilität bei der statistischen Betrachtung des Klimas auszuklammern“. Anders gesagt: Einzelne besonders kalte Tage, Monate oder auch Jahre kommen vor, aber ändern nichts am langfristigen Trend der Erderwärmung – auch wenn Klimawandelleugner solche Ausreißer immer wieder als vermeintlichen Gegenbeweis anführen. Die US-Behörde NOAA schaute in ihrem Jahresbericht von 2024 auf die Temperaturdaten seit Beginn der Messungen: Ab dem Jahr 1850 ist die globale Durchschnittstemperatur pro Jahrzehnt um etwa 0,06 Grad Celsius gestiegen. Besonders deutlich zeigt sich die Beschleunigung der Erderwärmung in den letzten Jahrzehnten: Seit 1982 liegt die durchschnittliche Temperaturzunahme bereits bei 0,2 Grad Celsius pro Jahrzehnt, also mehr als das Dreifache des langfristigen Trends. In demselben Bericht stellt die NOAA fest, dass 2024 das wärmste Jahr seit Beginn der globalen Messungen war.
Diese Faktensammlung haben Mitglieder der Faktenforum-Community recherchiert. Redaktion: Caroline Lindekamp; Redigatur: Matthias Bau