Behauptung
In einem Prozess habe Richterin Doris König die AfD-Politikerin wegen ihrer Kritik an einem Urteil vor die Wahl gestellt, entweder einen Rückzug zu machen oder rechtliche Konsequenzen zu erfahren. Wegen Weidels rechtlicher Analyse habe das Gericht die Anklage nach 48 Stunden zurückgewiesen und sie gelobt.
Einordnung
Eine Meldung über Alice Weidel und die Verfassungsrichterin Doris König erreicht Hunderttausende auf Tiktok. Die AfD-Chefin habe das Gericht beeindruckt und gesiegt, heißt es darin. Doch der ganze Fall ist erfunden.
Faktensammlung
„Richterin Doris König will Alice Weidel einsperren“, heißt es in einem Video auf Tiktok mit mehr als 340.000 Aufrufen. Auch andere Versionen des Videos kursieren auf Tiktok und Youtube. Sie alle handeln von einem angeblichen Aufeinandertreffen der AfD-Chefin Alice Weidel und der Vizepräsidentin des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) Doris König vor Gericht. Weidel habe angeblich ein Urteil des Gerichts zur Bildungspolitik kritisiert, woraufhin ihr Richterin König mit rechtlichen Konsequenzen gedroht habe, behaupten die Videos. Doch Alice Weidel habe sich juristisch so geschickt verteidigt, dass das Gericht die Klage fallen gelassen habe und sie sogar gelobt habe.
Wir haben zunächst versucht, Belege für einen solchen Prozess zu finden. Doch weder Google-Suchen mit allgemeinen Stichworten zum Prozess noch gezielte Suchen auf der Seite des BVerfG führen zu solchen Belegen. Die Youtube-Videos erwähnen einen angeblichen Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, die im Zusammenhang mit dem Prozess von „einem tiefen Atemzug der deutschen Demokratie“ gesprochen habe. Auf der Seite der Zeitung ist ein solcher Artikel jedoch nicht zu finden.
Auch das BVerfG selbst kennt den angeblichen Prozess zwischen Weidel und König nicht. Auf Anfrage schreibt uns ein Sprecher des Gerichts: „Eine entsprechende Situation ist dem Bundesverfassungsgericht nicht bekannt.“ Weidels Anwesenheit in einer von König geleiteten Verhandung könne „anhand der verfügbaren Unterlagen nicht festgestellt werden.“
Kontext: Doris König ist seit 2014 Richterin am BVerfG, seit 2020 Vizepräsidentin. Ihre Amtszeit soll 2025 enden, doch die Regierungskoalition streitet über ihre Nachfolgerin. Die SPD hatte Frauke Brosius-Gersdorf vorgeschlagen, die CDU lehnte ihre Nominierung jedoch ab. Nach Analysen des politischen Thinktanks Polisphere, waren die Vorwürfe gegen Brosius-Gersdorf, die Politikerinnen und Politiker der CDU gegen die Kandidatin aufbrachten, teil einer gezielten Kampagne gegen die Juristin.
Diese Faktensammlung haben Mitglieder der Faktenforum-Community recherchiert. Redaktion: Viktor Marinov; Redigatur: Matthias Bau