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Falsch

23. October 2025

Erfundener Bericht über angebliches Gespräch von Schröder und Putin erreicht Hunderttausende

Altkanzler Gerhard Schröder im Sommer 2018 mit Russlands Präsident Wladimir Putin

Altkanzler Gerhard Schröder im Sommer 2018 mit Russlands Präsident Wladimir Putin

Bild: Alexei Druzhinin / DPA / Picture Alliance

Behauptung

Gerhard Schröder habe Putin angerufen und mit ihm über Frieden, Energie und die Zukunft der deutsch-russischen Beziehungen diskutiert. Die deutschen Medien seien sofort explodiert, die Reaktionen im Parlament seien überwältigend gewesen. Merz habe von einem „Verrat an nationalen Interessen“ gesprochen. Doch die öffentliche Meinung sei anders gewesen.

facebook.com

Einordnung

Ein geheimes Telefonat zwischen Gerhard Schröder und Wladimir Putin soll „explosive“ Medienberichte hervorgerufen haben. Doch die Reaktionen sind erfunden – wie vermutlich auch das Gespräch selbst.

Faktensammlung


Das zweiminütige Video zeigt Archivmaterial, überwiegend von Schröder und Putin. Dazu erklärt eine Stimme, dass Schröder fast eine Stunde lang heimlich mit Putin telefoniert habe, um Friedensgespräche zu führen und die weiteren Beziehungen zwischen Russland und Deutschland zu besprechen. Angeblich habe das im Bundestag und auch in den USA Kritik nach sich gezogen, auf die Schröder seinerseits reagierte. Quellen werden dafür nicht genannt, trotzdem wurde das Video mehr als 250.000 Mal auf Facebook aufgerufen und mehr als 800 Mal kommentiert.


Es finden sich über Google und in der Pressedatenbank Genios keine Hinweise auf ein solches Telefonat. Da es jedoch angeblich geheim war, ist das kein zwingender Hinweis darauf, dass es nicht stattgefunden hat. „Explodiert“, wie es in den Videos heißt, sind die Medien aber nicht – es gibt keinerlei Berichte über das Telefonat. Es liegt nahe, dass nicht nur die angeblichen Medienreaktionen erfunden sind, sondern auch das Telefonat selbst.


Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass die Grünen, die Union oder die SPD irgendwelche Reaktionen gezeigt oder Forderungen gestellt hätten. Auf Anfragen antworteten die Parteien nicht inhaltlich. Auch das angebliche Zitat von Friedrich Merz lässt sich nicht finden.


Zudem fällt auf, dass die Geschichte auch von für Desinformation bekannten Verbreitern geteilt wird. Die Facebook-Seite „Kleine Nordhäuser Zeitung“ verweist in ihrem Impressum auf eine ganz andere Webseite, die Online-Druck anbietet. Auch die Faktencheck-Organisation Mimikama hat in der Vergangenheit über erfundene Meldungen berichtet, die von der Facebook-Seite der vermeintlichen Zeitung geteilt wurden.


Es sind auch immer wieder kleinere Lücken im Sprachduktus zu hören, die wie Fragmente wirken und die Rede ungleichmäßig und ruckelig wirken lassen. Das ist ein Hinweis auf KI. Auch unter einem inzwischen nicht mehr verfügbaren Youtube-Video mit der Behauptung stand der Hinweis, dass sie digital verändert wurden: „Sound or visuals were significantly edited or digitally generated.“


Diese Faktensammlung haben Mitglieder der Faktenforum-Community recherchiert. Redaktion: Steffen Kutzner; Redigatur: Gabriele Scherndl, Viktor Marinov