Nächsten Monat wählen Sachsen, Thüringen und Brandenburg den Landtag. Und auch in den USA stehen im Herbst Wahlen an. Manipulative Informationskampagnen werden alle Urnengänge begleiten. Was tun? In der Faktenforum-Community kam die Frage nach Live-Faktenchecks auf. Dabei geht es diesmal nicht um unsere Faktenforum-Workshops, bei denen wir im Online-Call gemeinsam aktuelle Behauptungen recherchieren und einordnen.
Was stattdessen gemeint war: „Weil Trump seine Behauptungen schneller von sich gibt, als Zeitungen erscheinen, werden seine Aussagen etwa während öffentlicher Debatten in Echtzeit auf Online-Plattformen widerlegt. Das ist deutschen Versionen des Fact-Checking weit überlegen“, zitierte ein Faktenforum-User auf Discord aus einem Buch von Arne Semsrott und fragt: „Was ist eure Meinung dazu?“ Unsere Meinung: ein interessanter Ansatz, aber nicht so einfach umsetzbar.
Das Echtzeit-Versprechen scheitert am Datensatz
International gibt es immer wieder Versuche für Live-Faktenchecks – aktuell in den USA von PolitiFact oder hier ein älterer Versuch aus Norwegen. Der Gedanke dahinter ist gut: Faktenchecks kommen meist verzögert zur Falschbehauptung in Umlauf – und in diesem Informationsvakuum entsteht der Schaden. Je schneller wir reagieren können, desto besser. Doch in der Praxis stoßen Live-Faktenchecks an Grenzen: Sie funktionieren nur bei Behauptungen, die bereits überprüft wurden und in einer Datenbank verfügbar sind. Kommen neue Themen auf, ist erst mal oft zeitaufwändige Recherche nötig. Das Versprechen der Echtzeitüberprüfung kann dann nicht gehalten werden.
Deswegen sind Wahlkampfdebatten auch ein dankbares Umfeld für Versuche mit Live-Faktenchecks: Die Themen sind relativ vorhersehbar und zu einem Kandidat wie Trump in einem Land wie den USA gibt es zahlreiche Faktenchecks, also eine großzügige Datenbank für schnelle Quellenabfragen. Bei weniger prominenten Themen an weniger beobachteten Orten ist die Datenlage eine ganz andere – beispielsweise in einem deutschen Landtagswahlkampf. Dann sind Echtzeit-Überprüfungen nach journalistischen Standards schlicht nicht möglich.
Es gibt aber viele andere Möglichkeiten, effektiv gegen Falschbehauptungen vorzugehen – einige davon ergeben sich durch Community-basiertes Faktenchecken.