Irreführend

23. December 2024

Trotz abweichender Einzelfälle: Alpen-Gletscher schmelzen so schnell wie nie

Fotografen in einer Gletscherhöhle am Morteratschgletscher in den Alpen: Ist Gletscherschmelze eine Folge des menschengemachten Klimawandels?

Bild: DPA / Picture Alliance

Fotografen in einer Gletscherhöhle am Morteratschgletscher in den Alpen: Ist Gletscherschmelze eine Folge des menschengemachten Klimawandels?

Behauptung

Gletscher würden nicht mit beispielloser Geschwindigkeit schmelzen, heißt es in einem Facebook-Post.

Einordnung

Irreführend

Insgesamt betrachtet nimmt die Gletschermasse weltweit ab und das zunehmend schnell. Das trifft auch auf die Gletscher in den Alpen zu. Einzelne Abweichungen gibt es immer wieder, aber sie widerlegen nicht diesen grundsätzlichen Trend. Moderne Messmethoden erlauben auch Rückschlüsse auf die Gletscherschmelze vor mehreren tausend Jahren, als es noch keine entsprechende Dokumentation gab.

Faktensammlung

Der Screenshot im Facebook-Beitrag zeigt einen Artikel vom Standard, den es mit diesem Bild und dieser Überschrift auch gibt. Im Artikel geht es um Gletscher in den europäischen Alpen.


Insgesamt betrachtet nimmt die Gletschermasse weltweit ab und das zunehmend schnell. Zwar gibt es einzelne wachsende oder nur langsam schmelzende Gletscher; diese Einzelfälle widerlegen den Gesamttrend aber nicht. Um den Gesamttrend zu erfassen, sind sogenannte Meta-Studien hilfreich, die verschiedene wissenschaftliche Erhebungen zusammenfassen und vergleichend einordnen. Beispielsweise kommt die Helmholtz Klima Initiative in so einer Meta-Studie zu diesem Fazit: „Kurzfristige oder punktuelle Beobachtungen sagen wenig aus über den gesamten Trend. Tatsächlich ist an einigen Gletschern ein Massenzuwachs zu beobachten – doch das sind Einzelfälle. Insgesamt betrachtet zieht sich die große Mehrzahl der weltweit rund 200.000 Gletscher zurück, und seit Mitte der 1970er Jahre beschleunigt sich diese Entwicklung.“ Weitere Studien sind im Folgenden verlinkt. Der verlinkte Artikel des Wissensportals Klimafakten gibt einen leicht verständlichen Überblick über wissenschaftliche Erkenntnisse zu Gletscherschmelze und liefert weitere Quellen.


Alpengletscher schrumpften von Zeit zu Zeit, zum Beispiel auch schon vor etwa 5.000 oder 1.000 Jahren – aber über lange Zeiträume. Seit den 1980er Jahren schmelzen sie viel schneller und in einem Ausmaß, das einzigartig und auf den Einfluss der Industrialisierung zurückzuführen ist. CORRECTIV.Faktencheck hat dazu bereits Artikel veröffentlicht.


Vor 6.000 Jahren waren die Alpen zuletzt weitestgehend eisfrei. Gletscher in den Ostalpen bestehen seit ungefähr 5.900 Jahren, wie eine Studie basierend auf Daten durch Eiskernbohrungen belegt.


Kontext: Weltweit koordinierte Messungen der Gletscherveränderungen gibt es seit den 1890er Jahren. Für frühere Gletscherveränderungen können Aussagen über Eiskernbohrungen getroffen werden. Diese Methode erlaubt Rückschlüsse auf Gletscherentwicklungen, die Jahrtausende zurückliegen. "Entnimmt man Eisbohrkerne aus Gletschern oder Eisschilden, so können daraus umfangreiche Informationen über das vergangene Klima abgeleitet werden", schreibt die Deutsche Meteorologische Gesellschaft (DMG) in em verlinkten Beitrag. "Eisbohrkerne werden übrigens aus sehr großer Tiefe gewonnen, einzelne Bohrungen reichen mehr als 3 km in die Tiefe. Das entspricht je nach Region einem Eisalter von über 400.000 Jahren."