Behauptung
Da fast die Hälfte aller Frachtschiffe Kohle, Gas und Öl transportiere, könne man mit einem Verzicht auf die fossilen Energieträger den internationalen Schiffsverkehr beinah halbieren. Das wird in einem Beitrag auf Facebook behauptet.
Einordnung
Unbelegt: Eine gezeigte Landkarte liefert keinen Beleg für die Behauptung. Es finden sich auch keine weiteren verlässlichen Quellen, die einen Anteil von fast 50 Prozent bestätigen. Tatsächlich weist eine Studie den Anteil von Kohle, Öl und Gas mit etwa 36 Prozent der weltweit auf dem Seeweg transportierten Fracht aus. Die behauptete Reduktion im Schiffsverkehr bei einem vollständigen Verzicht auf Kohle, Gas und Öl ist hypothetisch und lässt sich nicht mit verlässlichen Daten herleiten.
Faktensammlung
Das Bild zu der Behauptung zeigt eine Karte, die von der Webseite Marine Traffic generiert ist. Es ist eine Momentaufnahme des internationalen Schiffverkehrs nach Schiffsarten; neben Frachtschiffen und Öltankern beachtet die Karte laut Legende auch etwa Personenschiffe und Fischerei-Trawler. Daraus lassen sich keine Rückschlüsse auf den Anteil von Öl, Gas und Kohle an der Gesamtfrachtmenge ziehen. Außerdem liefert der Beitrag keine Angaben zum Zeitpunkt der Aufnahme. Über eine Bilderrückwärtssuche ließ sich der Aufnahmezeitpunkt nicht ermitteln.
Der Frachtschiffverkehr wird nach unterschiedlichen Einheiten bemessen. Die Frachtschiffsstatistik der Vereinten Nationen gibt ihn zum Beispiel nach der Art der Schiffe oder nach deren Tragfähigkeiten in Tonnen an. Für das Jahr 2024 zählt die Statistik insgesamt 108.787 Frachtschiffe; davon seien 12.464 Öltanker und 13.578 Schuttgutfrachter, die auch, aber nicht ausschließlich Kohle transportieren können. Öltanker und Schuttgutfrachter machen damit deutlich weniger als 50 Prozent aus. Allerdings ist die Angabe nicht aussagekräftig zum Volumen der unterschiedlichen Frachtarten .
Die Studie "Fossil fuel carrying ship and the risk of stranded assets in the transition to a low-carbon economy" beziffert den Anteil von Öl, Kohle und Gas am globalen Frachtaufkommen in der Schifffahrt mit 36 Prozent. Sie bezieht sich dabei auf Zahlen von Clarkons Research aus den Jahren 2022 und 2023 angegeben nach der Tragfähigkeit der Schiffe in Tonnen. Die Autoren merken an, dass es vor allem bei den Lieferangaben von Kohle Abweichungen geben kann, da die entsprechenden Schiffe für unterschiedliche Güter eingesetzt werden und sich ihre Fracht kurzfristig ändern kann.
Zahlreiche Artikel wie etwas der hier verlinkte Beitrag auf Quartz geben den Anteil der besagten Energieträger am internationalen Seehandel mit etwa 40 Prozent an. Die Zahl geht zurück auf eine Studie aus dem Jahr 2019 von der United Nations Conference on Trade and Development (UNCTD), ist also nicht mehr ganz aktuell.
Hintergrund: Das Umweltbundesamt schreibt in einem Beitrag über die Seeschifffahrt, dass die Transportart aufgrund ihrer hohen Tonnagen ein vergleichsweise umweltfreundliches Transportmittel sein könne. Es listet darin aber auch auf, wie die Schifffahrt die Meeresumwelt belastet. Zu den Faktoren gehören Chemikalien im Schiffsanstrich, das Einschleppen von standortfremden Organismen, das Einbringen von Abwasser und Abfällen ins Meer, Schadstoffe aus Abgasen oder Ölverunreinigungen sowie Schiffslärm