Behauptung
Sonnenbrillen sollen das Risiko für Sonnenbrand erhöhen. Sie würden dem Gehirn suggerieren, dass er sich im Schatten befinde. Der Körper bilde dann kein Melanin mehr, das ihn vor einem Sonnenbrand schütze.
Einordnung
Faktensammlung
In einem viralen Beitrag auf Instagram behauptet eine Nutzerin, Sonnenbrillen würden das Risiko für einen Sonnenbrand erhöhen. Der Beitrag erhielt dort mehr als 1.000 Likes. Die Behauptung findet sich auch in anderen Beiträgen in Sozialen Netzwerken oder Blogs.
Als Beleg führt die Instagram-Nutzerin eine Studie aus dem Jahr 2003 an, bei der die Auswirkung von UV-B-Strahlung auf die Augen von Mäusen getestet wurde. UV-B-Strahlen sorgen dafür, dass der Körper Vitamin D produziert. Sie stimulieren zudem bestimmte Hautzellen, sogenannte Melanozyten, die die Haut durch das Pigment Melanin brauner werden lassen. Zu viel von dieser Strahlung aber schädigt die Hautzellen, es entsteht eine Entzündungsreaktion: der Sonnenbrand. Jeder Sonnenbrand erhöht das Risiko, an Hautkrebs zu erkranken. Die Forschenden fanden in ihrer Studie heraus, dass die Bestrahlung der Augen von Mäusen mit UV-B-Strahlung zu einer Stimulation der Melanozyten in der Haut führt. Die Ergebnisse der Studie lassen sich aber nicht eins zu eins auf Menschen übertragen. In der Studie ist zudem an keiner Stelle die Rede von Sonnenbrillen oder einem UV-Filter.
Wie bildet der menschliche Körper Melanin? Auf der Webseite der fachmedizinischen Enzyklopädie Altmeyers findet sich ein Artikel zur Melanogenese. Das ist der Prozess, bei dem der körpereigene Farbstoff Melanin gebildet wird. Durch Sonnenstrahlung bildet sich Melanin in der Haut, um sie vor schädlicher UV-Strahlung zu schützen. Es kann außerdem in der Netzhaut der Augen gebildet werden. Melanin bestimmt die Haar-, Augen- und Hautfarbe. Je dunkler die Farbe, desto mehr Melanin ist vorhanden.
CORRECTIV.Faktenforum hat die Deutsche Krebshilfe um eine Einschätzung zur Behauptung gebeten. Der Vorstandsvorsitzende Franz Kohlhuber antwortete: „Das Tragen von Sonnenbrillen erhöht nicht das Risiko für einen Sonnenbrand.“ Die Deutsche Krebshilfe empfehle ausdrücklich, eine gute Sonnenbrille zu tragen, um sich gegen UV-Strahlen zu schützen. „Denn diese können nicht nur Hautkrebs verursachen, sondern auch die Netzhaut schädigen und dazu führen, dass Menschen erblinden oder an Augenkrebs erkranken.“ In Absprache mit Rüdiger Greinert und Beate Volkmer, die das Labor für molekulare Zellbiologie am Elbe Klinikum Buxtehude leiten, schrieb die Deutsche Krebshilfe weiter: „Sonnenbrillen haben keinen Einfluss auf die natürliche Melaninproduktion des Körpers.“ Der Hauptfaktor für die Melaninproduktion sei die Haut selbst. Das Bundesamt für Strahlenschutz empfiehlt auf seiner Webseite das Tragen einer Sonnenbrille mit der Kennzeichnung „UV 400“. Dieser Wert gibt an, wie effektiv die Sonnenbrille gegen die Strahlung der Sonne schützt.
Auch weitere Faktencheck-Organisationen haben sich mit dem Thema beschäftigt, die Behauptung über Sonnenbrillen kommt immer wieder auf. Ein Faktencheck der AFP aus dem Jahr 2024 kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass das Tragen einer Sonnenbrille die Entstehung eines Sonnenbrandes nicht fördere. Dermatologe Christoph Liebich sagte der AFP, dass es im Sommer auf jeden Fall einer Sonnenbrille bedarf, „um das Auge vor den schädlichen UV-Strahlen zu schützen“. Horst Helbig, Direktor der Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Regensburg sagte der AFP, dass es „keine wissenschaftlichen Beweise“ für die These gebe, dass Sonnenbrillen einen Sonnenbrand verstärken. Dermatologe Athanasios Theodoridis sagte der Tagesschau für einen Faktencheck zum selben Thema, dass die Haut von allein Melanin produziere, unabhängig von den Augen. Der Anteil der Augen an der Melaninproduktion in der Haut sei sehr gering, sagt Theodoridis. „Der Hauptfaktor für die Produktion ist die Sonnenexposition der Haut.“
Das CORRECTIV.Faktenforum hat die Instagram-Nutzerin kontaktiert, um ihr eine Gelegenheit für eine Stellungnahme zu geben. Bis zur Veröffentlichung reagierte sie nicht darauf.
Diese Faktensammlung haben Mitglieder der Faktenforum-Community recherchiert. Redaktion: Madlen Buck, Viktor Marinov; Redigatur: Paulina Thom