Behauptung
Ein Youtube-Video suggeriert in der Überschrift, dass die Regierung Menschen vom Teenager- bis ins Seniorenalter zu einem „Freiheitsdienst“ zwingen wolle.
Einordnung
Faktensammlung
Die Idee eines sogenannten Freiheitsdienstes stammt von Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag. Sie ist nicht Teil der Bundesregierung und spricht nicht für den Bund, sondern für die Oppositionsfraktion in Bayern. Der Vorschlag ist selbst innerhalb der Grünen umstritten. Laut dem Debattenbeitrag von Schulze, der auf ihrer Seite zu finden ist, sollen Menschen zwischen 18 und 67 Jahren im Laufe ihres Lebens ein halbes Jahr Dienst an der Gesellschaft leisten – in einem der drei Bereiche: Wehrdienst, Bevölkerungsschutz, Gesellschaftsdienst. „Ob das jetzt der Wehrdienst ist, ob das der Bevölkerungsschutz bei Feuerwehr oder THW oder das Engagieren in der Gesellschaft, in der Jugendarbeit, als Vorlesepatin oder ein FSJ ist – ist den Bürgerinnen und Bürgern dann selbst freigestellt“, sagte Schulze dem Bayrischen Rundfunk.
Es gibt keine gesetzliche Grundlage für einen solchen Pflichtdienst. Der Vorschlag von Schulze ist kein Gesetz. Die Entscheidung über verpflichtende Dienste fällt auf Bundesebene, nicht im Landtag. Die Wehrpflicht in Deutschland ist aktuell ausgesetzt. Sie kann nur durch ein Bundestagsgesetz reaktiviert werden. (Wehrpflichtgesetz: §1 WPflG)
Schulze nennt die Altersgrenze 67 Jahre, was auch Rentnerinnen und Rentner einschließen kann. Es gibt jedoch keine konkrete Forderung, dass ältere Menschen in militärische oder körperlich belastende Dienste gezwungen werden. Die Darstellung im Video mit einer Oma in Soldatenuniform ist emotionalisierend und irreführend.
Die Bundesregierung plant keinen solchen Dienst. Sie diskutiert derzeit verschiedene Modelle zur Stärkung freiwilliger Dienste, aber es gibt gegenwärtig keinen Regierungsplan, der alle Bürger zu einem Dienst verpflichtet, weder im Wehrdienst noch im Zivilschutz. Neben dem Vorschlag von Katharina Schulze gibt es bei den Parteien im Bundestag sehr unterschiedliche Vorstellungen. Die CDU will etwa ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr für junge Menschen. Wer sich gegen den Wehrdienst entscheidet, kann sich bei diesem Vorschlag auch an einer anderen Stelle gesellschaftlich engagieren. Die SPD setzt sich mit dem „Neuen Wehrdienst“ dafür ein, einen freiwilligen Wehrdienst einzuführen – dafür sollen zunächst alle 18-jährige Männer einen Fragebogen ausfüllen. Auf diesen Vorschlag haben sich CDU/CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag auch geeinigt. Die AfD würde gern die Wehrpflicht wieder einführen, nach einer Aussage von Alice Weidel für zwei Jahre. Die Linke lehnt die Wehrpflicht ab.
Diese Faktensammlung haben Mitglieder der Faktenforum-Community recherchiert. Redaktion: Nadia Westerwald; Redigatur: Viktor Marinov